Ellas Geburt am 3.9.2011

Als wir wussten, dass wir Eltern werden, war uns klar, dass die Geburt bei uns Zuhause stattfinden soll, und so kamen wir zu Ulla.

Ulla übernahm während der Schwangerschaft auch alle Vorsorgen und ich ging nur zum Ultraschall zum Frauenarzt. Ich wollte, dass nicht nur der Mutterpass schnell ausgefüllt wird, sondern dass sich jemand Zeit nimmt und nicht auf technische Hilfsmittel ausweicht. Viel schöner fand ich es, dass unser Kind mit Ullas Händen begrüßt wurde. So lernten wir auch selbst auf besondere Art Kontakt zu unserem Kind aufzunehmen, durch die Haptonomie.

Acht Tage über errechneten Termin bekomme ich morgens leichte Kontraktionen und eine Zeichnungsblutung. Ich bin erleichtert, dass sich die Geburt nun langsam ankündigt. Über den Tag ändert sich nicht viel, abends gehen wir am Rhein spazieren und genießen einen der letzten Sonnentage.

Die Nacht schlafe ich wunderbar, schon lange hatte ich nicht mehr so gut geschlafen und vor allem durchgeschlafen. Morgens wache ich allerdings von regelmäßigen leichten Wehen auf. Ich bitte Erik nicht zur Arbeit zu gehen. Mir ist klar, dass es sich noch hinziehen kann, aber ich will, dass er bei mir ist.

Nach dem Frühstück befüllen wir den Pool, den wir von Ulla geliehen haben und ich gehe baden. Währenddessen schlafen die Kontraktionen leider wieder ein. Der Pool hat aber sehr gut getan, ich fühle mich fit. Gegen zehn telefoniere ich mit Ulla. Wir werden zum Ultraschall gehen, den wir vereinbart haben, um sicher zu gehen, dass wir noch weiter warten können,. Danach sollen wir uns melden, ob alles okay ist. Beim Ultraschall ist alles okay.

Die Kontraktionen sind weiter unregelmäßig und unangenehm. Wir gehen uns ablenken: spazieren im Wildwald und verbringen den Tag wieder in der Sonne. Zwischendurch telefonieren wir mit Ulla.

Abends spielt Deutschland gegen Österreich. Wir machen es uns gemütlich. Das Spiel läuft erst kurz, da merke ich eine Wehe, die sehr unangenehm ist. Fünf Minuten später noch eine. Ich hole mir den Pezziball. schnell sind die Wehen alle fünf Minuten und ich komme super zurecht. Erik holt zwei alkoholfreie Weizen und wir stoßen darauf an, dass es endlich losgeht. Schon während des Spiels wird es heftiger, aber ich kann die Wehen leise und gut veratmen. Schnell wird es jedoch so, dass ich tönen muss. Es geht also richtig los. Zwischen den Wehen beziehen wir das Bett und räumen das Schlafzimmer etwas auf, zünden Kerzen an und ich suche Musik raus. Mittlerweile kommt eine Wehe nach der anderen. Die Pausen sind vielleicht zwanzig Sekunden. Ich hänge mich in der Wehe an den Türrahmen. Irgendwann begreife ich, dass die Geburt im Gange ist und beginne zu weinen. Nicht, weil es schmerzhaft ist oder weil ich Angst habe, ich glaube, das Weinen hilft mir weiter los zu lassen. Mittlerweile ist es 23:00 Uhr. Wir besprechen, wann wir Ulla rufen. Ich möchte noch etwas warten. Eine halbe Stunde später mit Wehen, die kaum Pausen haben, entscheiden wir doch zu rufen. Ulla macht sich auf den Weg.

00:15: Ulla ist da. Ich mache mir Sorgen, dass es doch zu früh war, sie zu rufen, denn jetzt sind die Wehen „nur“ alle drei Minuten. Auch Alina kommt. Eine Hebammenschülerin, die gerade Externat hat.

Ulla untersucht mich und sagt, dass der Muttermund bei 2 cm ist. Ich bin enttäuscht, aber trotzdem zuversichtlich, dass es gut weitergeht. Nun kann ich mir auch nach Ullas Vorschlag vorstellen, in den Pool zu gehen. Ulla und Alina legen sich im Wohnzimmer etwas hin. Wir kommen gut alleine zurecht und das Wasser entspannt mich.

3:30: Ich frage, ob Ulla mich untersuchen kann. Die Wehen sind mittlerweile sehr stark. Ich kann mich aber gut fallen lassen und die Pausen nutzen, um Kraft für die nächste zu sammeln. Die Herztöne von unserem Kind sind immer gut und ich spüre, dass es unserem Kind gut geht. Der Muttermund ist nun weiter auf gegangen. Ich freue mich. Die Wehen bringen also etwas.

4:00 Ich bin mittlerweile sehr müde und lege mich ins Bett auf die Seite. Erik liegt neben mir und schlummert ein wenig. Ulla und Alina schicke ich ins Wohnzimmer zum Schlafen. Mir geht es gut und ich kann gerade gut alleine sein. Zwischen den Wehen döse ich teilweise ein. Erik wacht bei den Wehen halb auf und legt seine Hand auf mein Kreuzbein. Ich versuche ihm etwas vom Schmerz abzugeben, so wie wir es in der Haptonomie gelernt haben. Die Vorstellung hilft mir.

5:00 Die Zeit verfliegt. Ich schaue nicht oft auf die Uhr, bin aber jedesmal erstaunt, wie viel Zeit vergangen ist, wenn ich es doch mal tue. Es sind wieder alle wach. Jetzt ist es genau richtig, dass Ulla da ist. Ihre Ruhe hilft mir besser zu atmen und die Nackenmassage entspannt mich. Ich bin wieder die ganze Zeit im Pool.

6:20 Ich muss mich bewegen, anders ist der Schmerz für mich nicht mehr zu bewältigen. So langsam spüre ich starken Druck nach unten. Ulla möchte gerne untersuchen. Der Muttermund geht immer weiter auf. Die Fruchtblase steht noch. Ich habe weiterhin den Drang mich viel zu bewegen, wechsele meine Position ständig. In der Wehe baut sich ein Wahnsinns-Druck auf, dem ich nachgeben muss.

7:20 Ulla schaut nochmal nach, der Muttermund ist nun fast ganz auf, aber der Kopf mag noch nicht tiefer kommen. Ich möchte gerne in die Wanne, freue mich, dass die Geburt scheinbar gegen Ende geht. Die Wehen nehmen mich nun komplett ein. Ich fluche und wimmer, dass ich nicht mehr kann, obwohl ich weiß, dass das nicht stimmt. Trotzdem empfinde ich es als befreiend. Ulla und auch Erik atmen nun mit mir. Ich hatte immer gedacht, dass ich das ganz schrecklich während der Geburt finde. Aber das Gegenteil ist der Fall. Das gemeinsame Veratmen ist für mich nun genau das Richtige. Ich kann mich wieder fallen lassen.

8:00 Ich bleibe weiter in der Wanne. Die anderen drei frühstücken. Es riecht nach Kaffee, zum trinken und wohl für den Dammschutz. So gemütlich hatte ich mir eine Hausgeburt vorgestellt. Dass es draußen schon hell ist, merke ich erst jetzt.

8:30 Ich gehe wieder aus der Wanne, lege mich ins Bett. So müde wie ich bin, schlafe ich teilweise zwischen den Wehen tief und fest ein. Die Wehen werden so etwas schwächer und ich kann Kraft sammeln. Nach etwa einer halben Stunde ruft Ulla Ihre Kollegin. Ich bekomme das nicht mit. Sie sagt mir erst später, dass sie bald dazu kommen wird. Ulla schaut derweil nochmal nach. Der Muttermund ist immer noch nicht ganz auf und dein Köpfchen liegt nicht optimal. Ulla erklärt mir was los ist und in mir macht sich etwas Sorge breit, dass es mit der Hausgeburt doch nicht klappt.

10:00 Andrea ist da und auch sie möchte einmal nachschauen. Du hast dein Köpfchen gedreht, aber immer noch nicht optimal. Aber es geht dir sehr gut, deswegen versuchen wir alle, dir etwas zu helfen, den richtigen Weg zu finden. Ich merke auch, wie du dich bewegst und schöpfe Hoffnung, dass doch noch alles den richtigen Weg geht. Ich hänge mich an den Türrahmen ( Gott sei Dank gibt es Türrahmen!) und lasse mein Becken kreisen, zwischendurch gehe ich in die tiefe Hocke. Leider bringt die ganze Turnerei nichts.

Es ist mittlerweile fast elf, am Muttermund tut sich nichts mehr und du möchtest mit dem Köpfchen so bleiben. Ich ahne was nun kommt und höre dann auch, dass Andrea Bensberg erwähnt. Gemeinsam beratschlagen wir, ob es sinnvoll ist, wenn sie die Fruchtblase öffnen. Ulla und Andrea entscheiden sich aber dagegen. Eine PDA sei nun das sinnvollste, meint Ulla. Und ich weiß, dass sie recht hat. Zeit zum Weinen habe ich nicht, auch wenn mir sehr danach zumute ist. Ich bin tieftraurig, dass wir die Geburt hier abbrechen müssen. Meine Kliniktasche ist nur halbherzig gepackt, was mir in dem Moment aber ziemlich egal ist. Ulla und Erik holen schnell die Autos und Andrea und Alina kümmern sich um mich. Es ist ein komisches Gefühl, das Wasser aus dem Pool zu lassen, ohne dass wir die Geburt hier zuende bringen können.

Um 11:45 kommen wir in Bensberg an. Mir wird direkt ein Zugang gelegt und die Oberärztin kommt, um mir eine Pda zu legen. Auf einmal habe ich keine Angst mehr davor. Vorher war das mein persönlicher Albtraum. Ulla bleibt mit Alina im Hintergrund. Die Pda sitzt schnell. Ich rechne damit, untersucht zu werden, aber der Oberärztin ist wichtiger, dass ich esse und trinke. Also bekomme ich Ravioli und Apfelmus, auf das ich nun sogar Appetit habe. Jetzt merke ich erst, wie heiß es draußen ist. Es ist für mich in dem Moment unglaublich, wie sehr die PDA meinen Trancezustand der Geburt unterbricht.

Von nun an muss ich viel weinen. Vor allem, als Ulla und Alina sich verabschieden. Ich finde es schrecklich, dass wir die Geburt nicht gemeinsam zu Ende erleben können. Auch wenn ich weiß, dass wir alle müde und wir hier gut aufgehoben sind.

Du bewegst dich nun sehr viel und ich spreche dir gut zu, dass es einen besseren Weg gibt und wir das nun gemeinsam schaffen. Erik und ich sind nun erstmal alleine und reden über meine Angst vor einem Kaiserschnitt. Und wie wertvoll dieses Gespräch ist, zeigt sich dann auch später. Die Oberärztin ist je länger die Geburt voranschreitet nicht mehr glücklich und möchte sie am liebsten durch einen Kaiserschnitt beenden. Wir machen ihr immer wieder klar, dass wir das nicht möchten, solange nicht alles versucht wird und solange es dir gut geht.

Und um 16:04 wirst du per Saugglocke als Sternengucker geboren. Ganz anders, als wir uns das vorgestellt haben, aber trotzdem ein so unbeschreibliches Gefühl, es bis hierhin zusammen geschafft zu haben und dich endlich im Arm zu haben. Du schaust dich sofort um, bist ganz wachsam und wir sehen dir sofort an, dass du ein Mädchen bist. Und jetzt weinen wir vor Freude. Du fängst an zu suchen und fängst sofort an zu trinken. Diesen Weg findest du nicht schwer. Man lässt uns ganz viel Zeit für Bonding, es fühlt sich nun fast an wie zuhause.

Am nächsten Tag gehen wir schon nach Hause. Ich möchte in mein eigenes Bett und das Wochenbett ganz Zuhause verbringen. Ulla ist nun sofort wieder für uns da.

Ella wird nun in drei Wochen ein Jahr alt und trotzdem ist ihre Geburt noch immer sehr präsent. Obwohl Ella doch nicht wie geplant Zuhause geboren werden konnte, war es für uns genau der richtige Weg. Durch die lange Zeit, die die Geburt doch in unserer Wohnung stattgefunden hat, mit nur Vertrauenspersonen um uns herum und ganz viel Ruhe, sind wir mit sehr viel Selbstvertrauen in den Kreißsaal gegangen, obwohl meine größte Angst immer war, doch ins Krankenhaus zu müssen. Beim nächsten Kind werden wir nichts anders machen.

Kontakt

Hebammenpraxisgemeinschaft Kugelrund
Olpenerstr. 978
51109 Köln
E-Mail: praxis@hebammen-kugelrund.de

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